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Mit Beispielen und einem Blick auf die psychischen Folgen

In der hypnotherapeutischen Arbeit, besonders im traumasensiblen Bereich, begegnen wir immer wieder den Gefühlen Schuld und Scham. Beide sind schmerzhaft – doch sie sind nicht dasselbe. Sie berühren unterschiedliche Ebenen unseres Selbst und rufen unterschiedliche Reaktionen hervor. In diesem Artikel erfährst Du, worin der Unterschied zwischen Schuld und Scham besteht, wie sie entstehen und welche Folgen sie haben können – gerade dann, wenn sie chronisch oder traumabedingt sind.

Der Kernunterschied: Was habe ich getan? vs. Wer bin ich?

Schuld bezieht sich auf eine konkrete Handlung:
„Ich habe etwas falsch gemacht.“
Es geht um ein bestimmtes Verhalten, das gegen eigene oder gesellschaftliche Werte verstößt. Schuld ist oft an eine Situation gebunden und grundsätzlich veränderbar – durch Wiedergutmachung oder Vergebung.

Scham hingegen trifft das Selbst:
„Ich bin falsch, ich bin nicht gut genug.“
Es geht nicht um etwas, das man getan hat, sondern um das Gefühl, als Mensch in seinem Wesen nicht in Ordnung zu sein. Scham betrifft die Identität und kann tiefgreifender und lähmender sein.

Zwei Beispiele zur Veranschaulichung

1. Schuld-Beispiel:
Ein Vater vergisst, seine Tochter vom Kindergarten abzuholen. Als er merkt, dass sie lange warten musste, fühlt er sich schuldig. Er entschuldigt sich, erklärt, was passiert ist, und versucht, es wiedergutzumachen.
→ Die Beziehung kann sich reparieren.

2. Scham-Beispiel:
Ein Kind wächst in einem Umfeld auf, in dem es ständig vermittelt bekommt: „Du bist zu empfindlich“, „Mit dir stimmt etwas nicht.“ Dieses Kind wird sich nicht für sein Verhalten schämen – sondern für sich selbst.
→ Es entwickelt ein tiefes Gefühl von Unzulänglichkeit oder „Ich bin falsch.“

Wie entstehen Schuld und Scham?

Beide Gefühle entstehen durch soziale Bindung und Bewertung – sie sind zutiefst menschlich. Doch ihre Wurzeln können sehr unterschiedlich sein:

  • Schuldgefühle entstehen oft durch bewusstes oder unbewusstes Überschreiten von Grenzen – gegenüber anderen oder sich selbst.

  • Schamgefühle entstehen häufig in frühen Bindungserfahrungen, wenn die Reaktion auf das eigene Sein (nicht das Verhalten!) negativ ist.

Was passiert, wenn Schuld oder Scham chronisch werden?

Chronische Schuld
Menschen mit chronischem Schuldempfinden übernehmen häufig zu viel Verantwortung. Sie fühlen sich für Dinge schuldig, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen – etwa Kinder, die sich für die Trennung ihrer Eltern verantwortlich fühlen.
Das kann zu Depression, Erschöpfung, Selbstwertproblemen oder Co-Abhängigkeit führen.

Chronische Scham
Wenn Scham dauerhaft erlebt wird, kann sie zu einem tiefen Rückzug führen. Menschen entwickeln das Gefühl, nicht liebenswert oder grundsätzlich fehlerhaft zu sein.
Das kann in soziale Isolation, Angststörungen, Identitätskrisen oder sogar Suizidgedanken münden.

Scham im Kontext von Trauma

Traumatisierte Menschen erleben oft eine toxische Mischung aus Schuld und Scham. Sie fragen sich nicht nur: „Warum habe ich das getan?“, sondern: „Warum ist mir das passiert? Habe ich es verdient?“

Gerade bei sexuellen oder emotionalen Übergriffen wird die Scham oft internalisiert – selbst wenn objektiv keinerlei Schuld besteht. Dieses innere Erleben erschwert die Heilung enorm und muss in der therapeutischen Arbeit achtsam begleitet werden.

In der traumasensitiven Hypnose kann genau hier ein tiefer Zugang geschaffen werden – um diese alten, meist unbewusst gespeicherten Gefühle behutsam zu berühren und neue innere Bedeutungen zu finden. Der Körper, das Unbewusste und das innere Erleben werden einbezogen, um Selbstmitgefühl und innere Würde wieder erfahrbar zu machen.

Fazit: Schuld kann handeln – Scham lässt erstarren

Schuld kann zur Handlung anregen, zur Veränderung und Integration führen.
Scham hingegen lähmt, zieht uns von anderen Menschen weg – und von uns selbst.

Deshalb ist es so wichtig, in der inneren Arbeit unterscheiden zu lernen: Was ist wirklich meine Verantwortung – und was wurde mir unrechtmäßig auferlegt?

Gerade in der traumasensitiven Hypnose lassen sich diese Fragen nicht nur kognitiv, sondern tief auf emotionaler Ebene klären – oft viel nachhaltiger als durch reines Nachdenken.

Bitte beachte: Die Inhalte dieses Textes verstehen sich als Anregung zur Selbstreflexion und Selbsterfahrung. Die vorgestellten Methoden ersetzen keine medizinische oder therapeutische Behandlung. Es wird kein Heilversprechen gegeben

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