Du hast dich deinen Ängsten gestellt und trotzdem bleibt die Angst?
Warum Verhaltenstherapie bei frühen Traumata oft nicht greift
Vielleicht kennst du das: Du hast schon eine Verhaltenstherapie gemacht, dich mutig deinen Ängsten gestellt, vielleicht sogar bei einem Psychologen gelernt, dass es wichtig ist, sich genau diesen Situationen zu stellen, um die Angst langfristig abzubauen. Du hast geübt, bist immer wieder in die gefürchteten Situationen gegangen, hast durchgehalten – und trotzdem bleibt die Angst.
Wenn du dich in dieser Beschreibung wiedererkennst, bist du nicht allein. Viele Klienten kommen mit genau dieser Erfahrung zu mir in die Praxis. Und die zentrale Frage, die sich dann stellt, lautet: Warum funktioniert die Konfrontationstherapie bei mir nicht?
Warum Verhaltenstherapie manchmal nicht greift
Die Verhaltenstherapie basiert auf dem Prinzip, dass man sich der Angst stellt, damit das Gehirn lernt: „Diese Situation ist gar nicht so gefährlich.“ Durch die wiederholte Konfrontation soll die Angstreaktion allmählich abnehmen.
Aber was ist, wenn dein Gehirn diese Lernerfahrung gar nicht machen kann? Genau das passiert, wenn der Teil deines Gehirns, der für die emotionale Regulation und die Kontrolle der Angstreaktion zuständig ist, blockiert ist.
Der vmPFC – die Schaltzentrale für Angstregulation
Unser Gehirn hat ein Areal, das besonders wichtig ist, wenn es darum geht, Ängste zu regulieren: den ventromedialen präfrontalen Cortex (vmPFC).
Wo liegt der vmPFC?
Der vmPFC befindet sich im vorderen Bereich des Gehirns, genauer gesagt im unteren (ventralen) und mittleren (medialen) Teil des präfrontalen Cortex, also direkt hinter der Stirn und oberhalb der Augenhöhlen. Man kann sich vorstellen, dass der vmPFC quasi die Verbindung zwischen den Denkprozessen im Frontallappen und den Emotionen aus tieferen Hirnregionen darstellt.
Wie funktioniert die Angstregulation?
Der vmPFC hilft dabei, die Angstreaktionen der Amygdala – dem emotionalen Alarmzentrum – zu dämpfen. Wenn du dich einer angstauslösenden Situation stellst und dein Gehirn die Erfahrung macht, dass nichts Schlimmes passiert, speichert der vmPFC diese neue Information ab.
Aber genau hier liegt das Problem:
Frühe Belastungen – Warum dein Gehirn anders reagiert
Frühe traumatische Erlebnisse sind oft nicht nur einmalige Ereignisse wie ein Unfall. Viel häufiger geht es um lang andauernde Belastungen wie:
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Chronischer Stress in der Familie, z. B. durch ständig angespannte Atmosphäre oder Konflikte.
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Vernachlässigung, bei der deine emotionalen oder körperlichen Bedürfnisse nicht erfüllt wurden.
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Zu wenig Liebe und Nähe, sodass du dich nicht geborgen und sicher gefühlt hast.
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Gewalt in der Familie, etwa durch einen Vater, der häufig Wutanfälle hatte.
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Suchtprobleme bei den Eltern, z. B. Alkoholmissbrauch, was das Gefühl von Sicherheit erschüttert.
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Emotionale Kälte oder Eltern, die selbst überfordert waren und wenig Rückhalt bieten konnten.
Diese langanhaltenden Stressfaktoren führen dazu, dass dein Körper gelernt hat, dauerhaft auf der Hut zu sein. Dein Nervensystem bleibt im Alarmmodus, und dein Gehirn ist darauf trainiert, Gefahren möglichst schnell zu erkennen – selbst wenn objektiv keine Bedrohung vorliegt.
Warum Verhaltenstherapie dann nicht funktioniert
Wenn dein Gehirn im Überlebensmodus bleibt, ist dein vmPFC quasi deaktiviert. Das bedeutet:
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Auch wenn du dich der angstauslösenden Situation stellst, kann dein Gehirn nicht lernen, dass es ungefährlich ist.
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Der Lerneffekt, den die Verhaltenstherapie normalerweise auslöst – nämlich die Erkenntnis „Es passiert nichts Schlimmes“ – bleibt aus.
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Stattdessen bleibt die Amygdala aktiv, die Alarm schlägt und dich im Stressmodus hält.
Wissenschaftlich belegt
Studien zeigen, dass der vmPFC bei Menschen mit frühen Traumatisierungen oft weniger aktiv ist. In einer Übersichtsarbeit von Andrewes et al. (2019) wird beschrieben, dass chronischer Stress und frühe Traumata die Fähigkeit des vmPFC beeinträchtigen, die Amygdala zu hemmen. Das bedeutet, dass die Löschung konditionierter Ängste nicht möglich ist.
Was hilft wirklich?
Wenn die klassische Verhaltenstherapie nicht greift, brauchen wir Ansätze, die das Nervensystem beruhigen und dem vmPFC wieder Zugang zur Amygdala verschaffen.
Hypnose: Beruhigung und Neuausrichtung
In der Hypnose wird der vmPFC aktiviert, sodass die emotionale Kontrolle zurückgewonnen werden kann. Studien zeigen, dass Hypnose die Verbindung zwischen präfrontalem Cortex und Amygdala stärkt und die emotionale Bewertung positiv beeinflussen kann (Ludwig et al., 2014).
EMDR: Verarbeitung ohne Überwältigung
EMDR nutzt bilaterale Stimulation, um die neuronale Integration zu fördern und die emotionale Ladung von Erinnerungen zu reduzieren. Untersuchungen zeigen, dass EMDR die Konnektivität zwischen Amygdala und vmPFC verbessert und dadurch die emotionale Regulation erleichtert (Thomaes et al., 2011).
PEP (Klopftechniken): Entlastung durch körperliche Stimulation
PEP und ähnliche Klopftechniken stimulieren Akupunkturpunkte und beruhigen das limbische System. Forschungen zeigen, dass Klopftechniken die Aktivität der Amygdala verringern und den vmPFC aktivieren können, was zu einer verbesserten emotionalen Kontrolle führt (Wittfoth et al., 2020).
Warum es nicht Deine Schuld ist
Vielleicht fragst du dich: „Warum kann ich das nicht einfach abstellen?“. Viele meiner Klienten erleben nach erfolgloser Angsttherapie ein Gefühl des Versagens. Doch es liegt nicht an dir! Dein Gehirn hat aufgrund früher Erfahrungen eine Schutzstrategie entwickelt, die tief im Nervensystem verankert ist.
Deshalb brauchst du eine Behandlungsform, die dein Nervensystem beruhigt und die Verbindungen im Gehirn neu strukturiert – nicht einfach nur eine Konfrontation. Hypnose, EMDR und Klopftechniken bieten diese Möglichkeit und gehen an die Wurzel des Problems.
Wie kann ich Dir helfen?
Wenn du dich in dieser Beschreibung wiedererkennst und bereit bist, neue Ansätze auszuprobieren, melde dich gerne bei mir. In meiner Praxis arbeiten wir gemeinsam daran, deine Ängste neu zu verstehen und dir sanft zu helfen, endlich Entlastung zu finden.
Bitte beachte: Die Inhalte dieses Textes verstehen sich als Anregung zur Selbstreflexion und Selbsterfahrung. Die vorgestellten Methoden ersetzen keine medizinische oder therapeutische Behandlung. Es wird kein Heilversprechen gegeben.
Kontakt
Christian Zinner
Praxis für Hypnose & Hypnosetherapie
Praxisadresse:
Kapellstr.9a
40479 Düsseldorf
Telefon: 0211 30 12 871
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